Eigentlich kommt die Familie meiner Mutter aus Bruttig. Bruttig war ein Winzerdorf an den östlichen Hängen der Mosel, etwa sieben Kilometer flussaufwärts von Cochem (heute heisst die Ortsgemeinde Bruttig-Fankel). Juden und Einheimische lebten hier im neunzehnten Jahrhundert problemlos beieinander. Die Juden, die zwar keinen Wein anbauen, wohl aber mit ihm handeln durften, wohnten mitten im Dorf und beschlossen, als ihre Zahl auf ca. 50 angewachsen war, eine eigene Synagoge zu errichten. Dies geschah im Jahr 1835.
Witzigerweise gehörte das Häuschen, das die Juden zu diesem Zwecke erwarben bis dato der katholischen Kirche. Die Katholiken nutzten es wohl als Speicher, vielleicht um Meßwein aufzubewahren. Wein, wie gesagt, ist ein starker Gott in Bruttig.
So kam es, dass die Synagoge vom selben Gemäuer war, wie die darüber sich wölbende Margarethenkirche. Symbolträchtig wirkt sie wie eine Art Untergeschoß für diese; und aber ist (nicht minder symbolträchtig) aus Bruchsteinen der Christen gefügt. Das schien in den Jahren, als sich die Lehren Gotthold Lessings unter Christen und die Moses Mendelssohns unter Juden verbreiteten, kein großes Ding mehr.
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